Eishöhlen in Island: Bessis Geheimtipp

Feuer und Eis, die Elemente Islands. Zumindest das Eis kannst du hautnah erleben, und zwar am schönsten in einer Eishöhle. Der Guide Bessi Theodórsson (34) zeigte mir seine »Secret Ice Cave« im Mýrdalsjökull, dem viertgrößten Gletscher Islands. Und er verhalf mir zu Antworten auf Fragen zu Eishöhlen.

Island Gletscherhöhle Guide

Wie entstehen Eishöhlen?

Gletscher sind keine homogene Eismasse. Vielmehr werden sie von unzähligen Spalten durchzogen, und in ihrem Inneren bahnt sich Schmelzwasser einen Weg ins Tal. So entstehen unter der Oberfläche Bäche, Tümpel und ganze Seen. Da sich auch die Gletscher selbst ganz langsam talwärts bewegen, verändern sich die Wasserläufe ständig. Neue Rinnsale waschen sich immer tiefer ins Eis und wachsen zu Strömen heran. Andernorts versiegt ein Gletscherfluss und hinterlässt einen Hohlraum. Auch Gletscherseen können durch das Aufbrechen eines Abflusses plötzlich auslaufen – so als würde man den Stöpsel aus einer Badewanne ziehen. Übrig bleiben dann meist rundliche Eishöhlen.

Island Gletscherhöhle Jeep

Ran an den Gletscher mit dem wohl längsten Land-Rover Islands

Wo kann man in Island Eishöhlen sehen?

Eishöhlen treten zumeist an den Rändern der Gletscher zutage. Die beliebtesten Gebiete liegen im Süden der Vulkaninsel. Zum einen am Vatnajökull, dem größten Gletscher. Allerdings sind viele der dortigen Eishöhlen mittlerweile von Touristen überflutet. »Außerdem stehen viele Höhlen gerade unter Wasser«, erklärt Bessi. Grund dafür ist der extrem milde Winter mit Regen bis in höhere Lagen.
Bessi zeigte mir daher eine Eishöhle im Mýrdalsjökull. Vorteil: Die Anfahrt von Reykjavík beträgt nur zweieinhalb Stunden. Daher kann man diese Tour auch als Tagestour ab der Hauptstadt unternehmen. Weiterer Vorteil des Mýrdalsjökull: Wir hatten die Höhle fast für uns allein. Wir beide und sechs lustige Chinesinnen, die Bessis Tour gebucht hatten (siehe Galerie unten).
Und damit das so bleibt, hält Bessi die genau Lage dieser Höhle geheim. Außerdem sollte niemand auf eigene Faust Gletscherhöhlen aufsuchen. Dazu gleich mehr.

Island Gletscherhöhle Guide

Alles so schön grau hier: Bessi vor der Gletscherzunge

Wann kann man Eishöhlen besichtigen?

Kurz gesagt: im Winter. »Wenn es wieder wärmer wird, kollabieren die Eishöhlen reihenweise«, sagt Bessi, »da wäre es viel zu gefährlich hineinzugehen.« Die Saison beginnt – je nach aktuellen Schnee- und Temperaturverhältnissen – im November und dauert etwa bis März. »Diese Höhle hier wird sich voraussichtlich bis April halten«, sagt Bessi. »Du kannst schon sehen, wie das Eisdach von Tag zu Tag kürzer wird.«
Im nächsten Herbst werden Bessi und seine Guide-Kollegen also neue Eishöhlen erkunden, um sie Besuchern zugänglich zu machen. Dabei werden sie Zeugen der Klimaerwärmung: »Die Gletscherzungen ziehen sich immer weiter zurück, jedes Jahr um einige Meter.«
Noch ein organisatorischer Tipp: Schneestürme können die Anfahrt aus Reykjavík beschwerlich oder sogar unmöglich machen. Besser und bequemer ist es also, man  verbringt die Nacht vor einer Gletschertour bereits an der Südküste, zum Beispiel in Vík.

Island Gletscherhöhle Sicherheit

Safety first: Bessi installiert ein Seil zum Festhalten

Wann sind Eishöhlen am schönsten?

Unter »schön« verstehen die meisten wohl bläulich schimmernde Eisdächer, wie man sie von Fotos kennt. Blau wirkt das Gletschereis, wenn es so gut wie keine Lufteinschlüsse hat. Denn Luftbläschen im Eis lassen es milchig erscheinen. Und so schimmern manche Eishöhlen blauer, andere eher weißlich.
Unser Exemplar wirkte eher grau. Das lag wohl auch am Wetter: Ein nebliger, verregneter Tag legte sich wie ein Weichzeichner über die Landschaft. »Wenn alles verschneit ist und die Sonne vom Himmel strahlt, ist es ein Traum«, sagt Bessi. »Dann kannst du vom Ausgang der Höhle bis zum Meer sehen.«
Ich persönlich fand den Kontrast zwischen dem grau/blauen Eis, der schwarzen Lava und den moosgrünen Bergen auch spannend.
Apropos Lava: Eine Besonderheit isländischer Eishöhlen sind die Ascheschichten, die das Eis durchziehen. »Sie stammen von Vulkanausbrüchen, die zum Teil Zehntausende Jahre her sind«, erklärt Bessi.

HAST DU GEWUSST?

  • 11 % Islands sind mit Eis bedeckt.
  • Der größte Gletscher Vatnajökull hat etwa die Fläche von Korsika.
  • Die isländischen Gletscher liegen wie riesige Eisschilde auf der Landschaft. Zu sehen bekommt man meist nur einzelne Gletscherzungen, die von den Rändern herabfließen. Außer natürlich, man fliegt drüber.
  • Unter praktisch allen isländischen Gletschern liegen Vulkane.
  • Berühmt berüchtigt wurde im Jahr 2010 der sechstgrößte Gletscher Islands, der Eyjafjallajökull. Der gleichnamige Vulkan legte mit einer Aschewolke den Flugverkehr in ganz Europa lahm.
  • Vor allem der Vulkan Katla unter dem Mýrdalsjökull ist statistisch gesehen überfällig. Zahlreiche Erdbeben sowie ein Heben und Senken der Gletscherhaube legen einen Ausbruch in nicht allzu ferner Zukunft nahe. Wann genau, kann aber niemand sagen.
  • Bricht ein Vulkan unter dem Eisschild aus, kann das Schmelzwasser zu gefürchteten Gletscherläufen führen. Dabei fließen riesige Mengen Wasser seitlich aus dem Gletscher heraus. Der letzte katastrophale Gletscherlauf auf Island ereignete sich 1996 an der Südküste am Rand des Vatnajökull.
  • Das isländische Wort für Gletscher »Jökull« spricht man »Jökütl« aus.

Wie gefährlich sind Eishöhlen?

Früher oder später bricht jede Eishöhle in sich zusammen – das willst du nicht von innen sehen. Schon einzelne herabfallende Eisbrocken können einen Menschen erschlagen. Deshalb solltest du unter gar keinen Umständen ohne einen ortskundigen Guide eine Eishöhle betreten. Ja, dich noch nicht einmal einer Eishöhle nähern! »Schon beim Zustieg hatten wir heute versteckte Spalten zu umgehen, die von Schnee und Sand verdeckt waren«, erklärt Bessi.
Auch im Inneren unserer Höhle tut sich eine Kluft im Boden auf. Durch den Spalt hören wir Wasser rauschen. »Da müssen mehrere unterirdische Flüsse zusammenkommen«, erklärt Bessi. Das Geräusch zeigt, dass so ein Gletscher lebt – oder stirbt, je nachdem.

Island Eishöhle Besucher

Als ein Schmelzwasser-See auslief, formte sich dieser Tunnel

Welche Voraussetzungen muss man mitbringen?

Lass es mich so sagen: Wenn die sechs Chinesinnen es geschafft haben, dann schaffst du es auch. Um eine Eishöhle in Island zu besuchen, muss man weder ein Hochgebirgs-Bergsteiger, noch ein Schlangenmensch sein. Etwas Trittsicherheit schadet nicht. Und Wasserfestigkeit, vor allem bei Plusgraden, wenn es vom Höhlendach tropft.

Welche Ausrüstung muss man mitbringen?

Bessi stattet alle Gäste mit einem Helm und mit Spikes aus. Letztere kann man ganz einfach über die Schuhe ziehen. Über die Wanderschuhe, um genau zu sein, denn dein Schuhwerk sollte halbwegs robust und wasserdicht sein. Warme Wäsche, Regenjacke, Mütze, Handschuhe – mehr brauchst du eigentlich nicht mitzubringen.

Island Eishöhle Asche

Ascheschichten von Vulkanausbrüchen durchziehen die isländischen Gletscher

Was geht im Sommer?

Das ganze Jahr zugänglich ist eine Eishöhle im Langjökull, dem zweitgrößten Gletscher Islands. Sie ist menschengemacht und gleicht einem Tunnelsystem. Das Ganze nennt sich Into the Glacier. Tagestouren ab Reykjavík mit weiteren Besichtigungen am Weg bietet unter anderem Iceland Travel.

War’s das?

Von meiner Seite schon. Wenn du Tipps zu Eishöhlen hast oder tolle Erlebnisse teilen möchtest, dann freue ich mich auf deinen Kommentar.

They just wanna have fun! Meine tollen Begleiterinnen auf der Tour

Mehr davon? Hier geht’s zum Video der Tour

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